Vor einigen Jahren habe ich zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, der seit 1996 ist der 27. Januar begangen wird, recherchiert, welche Schriftstellerinnen in Vernichtungslagern ermordet wurden. Bei meiner Recherche bin ich auf eine Liste von Häftlingen bei Wikipedia gestoßen. Angesichts von rund 400.000 Häftlingen kann sie nicht vollständig sein, aber sie gibt den Opfern stellvertretend ein Gesicht. Zum Gedenken an die vielen Opfer, habe ich mir besonders angeschaut, welche Schriftstellerinnen von den Nazis in Auschwitz ermordet wurden.
Gertrud Kolmar (1894-1943) (oben Mitte auf dem Foto) Gertrud Käthe Chodziesner stammte aus einer angesehenen jüdischen Anwaltsfamilie, sie war ausgebildete Erzieherin und Sprachlehrerin und arbeitete auch als Erzieherin. Ihr erster Gedichtband erschien 1917, der zweite 1934 unter dem Titel „Preußische Wappen“ und der dritte 1938 in einem jüdischen Verlag. Bereits nach Erscheinen des zweiten Buches musste der Verlag Repressalien hinnehmen, weshalb der dritte Band in einem jüdischen Verlag erschien. Nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde ihr Buch verboten. Im März 1943 wurde Gertrud Kolmar verhaftet und nach Auschwitz transportiert, wo sie vermutlich direkt nach der Ankunft umgebracht wurde. (Hier sind einige Gedichte veröffentlicht.)
Irene Némirovsky (1903-1942) (oben links auf dem Foto) Irene Némirovsky war eine französische Schriftstellerin, in der Ukraine als Tochter eines jüdischen Bankiers geboren. Sie war als junges Mädchen mit ihrer Familie während der russischen Revolution nach Frankreich geflohen und galt als staatenlos, obwohl sie in Frankreich als Schriftstellerin Erfolge feierte. Am 13. Juli 1943 wurde Irene Némirovsky verhaftet und wenige Tage später über ein französisches Durchgangslager nach Auschwitz deportiert, wo sie am 17. August 1942 starb. (Beitrag über die Autorin im Deutschlandfunk)
Grete Reiner (1892-1944) (rechts auf dem Foto) Grete Reiner-Straschnow, als Grete Stein geboren, war vor allem Übersetzerin und für die deutsche Übersetzung des „Braven Soldaten Schwejk“ verantwortlich. Als Jüdin wurde sie im Dezember 1942 zunächst nach Theresienstadt und im September 1943 nach Auschwitz deportiert. Das Lager hat sie nicht überlebt, ob sie vergast oder zu Tode geprügelt wurde, konnte nicht mit letzter Sicherheit geklärt werden. Als Todesdatum wird der 9. März 1944 angenommen. (Information im Germersheimer Übersetzerlexikon)
Ruth Rewald (1906-1942) (unten Mitte auf dem Foto) Ruth Rewald schrieb Kurzgeschichten und Kinderbücher, ehe die Nationalsozialisten ihr Leben zerstörten. Als Jüdin floh sie 1933 nach Paris und nach dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich 1940 in ein kleines Dorf in der Nähe. Dort wurde sie am 17. Juli 1942 verhaftet und nach Auschwitz transportiert. Außer einer Postkarte an ihren Ehemann vom 18. Juli 1942 gibt es danach keine Spur mehr von ihr. (Bücher von Ruth Rewald im Arco Verlag)
Else Ury (1877-1943) (unten links auf dem Foto) Die heute noch am meisten bekannte Schriftstellerin, die die Nazis ermordeten, ist sicher Else Ury. Kaum jemand, der ihre Reihe „Nesthäkchen“ nicht in der Kindheit gelesen hat. Bis die Nationalsozialisten an die Macht kamen, war sie eine erfolgreiche Schriftstellerin und patriotische Bürgerin. Sie war den Gedanken der Nazis nicht abgeneigt, wie viele patriotische Juden. 1935 erhielt sie zwar ein Berufsverbot, konnte sich aber durch die Beliebtheit ihrer Buchreihe noch einige Zeit durchschlagen. Am 6. Januar 1943 musste sie sich jedoch an der Sammelstelle für Deportationen einfinden, am 12. Januar wurde sie mit vielen anderen Juden nach Auschwitz transportiert. Dass sie dort nicht registriert wurde, lässt vermuten, dass sie direkt nach der Ankunft in der Gaskammer den Tod fand. (Beitrag über Else Ury in der Berliner Zeitung)
Die hier genannten Schriftstellerinnen sind nur Beispiele für all die Menschen, die während der Zeit der Nationalsozialisten in Auschwitz und anderen Lagern ermordet wurden. Andere haben sich aus Angst umgebracht, um nicht den Nazis in die Hände zu fallen. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie soll lediglich an das Leid erinnern, das die Nationalsozialisten den Menschen und den europäischen Völkern gebracht haben. 27.01.2014 / 14.06.2023 Dr. Birgit Ebbert www.vergessene-frauen.de