Heute wäre die Künstlerin Eva Niestrath-Berger 100 Jahre geworden. Fast die Hälfte ihres Lebens hat Eva-Niestrath-Berger, die am 8. März 1914 in Wallerfangen an der Saar geboren wurde und in Dortmund aufwuchs, in Hagen gelebt.
1951 zog sie mit ihrem Ehemann, Lehrer und Künstler Karel Niestrath nach Hagen, wo sie zunächst in der Wohnung in der Konkordiastraße mit ihm Leben und Kunst teilte. zu ihrem 100. Geburtstag hat 2014 eine Ausstellung im Roten Haus in Hagen an die Künstlerin erinnert, die im Stadtbild und in den Köpfen vieler Hagener Spuren hinterlassen hat.
Begegnungen mit Eva Niestrath-Berger
Mich als Neu-Hagenerin haben natürlich auch die Kunstwerke fasziniert, aber ebenso die Schilderungen von Augenzeuginnen, die Eva Niestrath-Berger noch persönlich getroffen und erlebt haben. „Als ich ein junges Mädchen war, habe ich sie oft im Stadtgarten gesehen“, erzählt eine Besucherin und schildert die Künstlerin als eindrucksvolle Persönlichkeit. „Ich glaube, sie suchte da Ruhe vor ihrem Mann“, sagt sie und senkt die Stimme. Dabei ist es kein Geheimnis, dass Eva Niestrath-Berger sich irgendwann aus der gemeinsamen Wohnung ausgeklinkt und in Haus Busch ein neues Zuhause für sich, ihre Gedanken und ihre Kunst gefunden hat. Das war sicher auch nötig, um sich entfalten zu können, war ihr Mann doch ihr Lehrer gewesen. Ob die beiden nun geschieden waren oder nicht, konnte ich gestern Abend nicht mehr letztendlich klären, weil so viele Besucher dort waren und ich keine Chance hatte, mich Elisabeth May zu nähern, die die sehr interessante Einführung in das Werk gehalten hat. Aber das hole ich gelegentlich nach, ich habe ohnehin schon angekündigt, sie über Christian Rohlfs auszuhorchen, da kann ich die Frage über Eva Niestrath-Berger auch gleich stellen.
Kunst im öffentlichen Raum
Eva Niestrath-Berger war vor allem Bildhauerin, davon zeugen zahlreiche Objekte in der Stadt. An einem gehe ich oft vorbei, wenn ich in der Ssadt unterwegs bin. Es ist die Skulpturengruppe, die heue im Ferdinand-David-Park beim Allerwelthaus steht und früher zwischen dem Rathaus und dem alten Horten-Gebäude stand. Ich habe mich schon gewundert, warum im Kunstführer der Stadt kein Titel für das Werk steht. Seit gestern weiß ich es. Eva Niestrath-Berger hat bewusst darauf verzichtet, ihren Werken Titel zu geben, weil sie den Blick der Betrachter dadurch nicht verstellen wollte. Manchmal hat sie sie nach den Materialien benannt oder diese genannt, um dem Betrachter einen Anhaltspunkt zum Denken zu geben.
Die Materialien sind es, die den Kern ihres Werkes bilden, deshalb heißt die Ausstellung im Roten Haus auch „Materialdialoge“. Eva Niestrath-Berger hat mit unterschiedlichen Materialien gearbeitet, es gibt große Objekte aus Holz, Keramik, Bronze, vor allem aber aus allen möglichen Papiersorten in der Ausstellung. Die Zeichnungen und Papierarbeiten überwiegen eindeutig, was sicher auch daran liegt, dass ihre Plastiken und Skulpturen einen festen Platz haben und nicht mal eben abmontiert werden können. Man denke nur an das Sitzende Mädchen im Hof der Goldberg-Schule oder die Baumroste in der Elberfelder Straße und auf dem Friedrich-Ebert-Platz.
Das war für mich überhaupt die größte Überraschung: Seit Jahren lebe und schreibe ich mit Blick auf ein Kunstwerk von Eva Niestrath-Berger. Ende der 70er Jahre hat sie zusammen mit einer Architektengruppe die Rostgitter entworfen, die die Bäume am Rande des Friedrich-Ebert-Platzes säumen. Das war nur einer von vielen öffentlichen Aufträgen, die sie in den 60er und 70erJahren bekommen und übernommen hat. Sie war die einzige Künstlerin, die von der Stadt mit solchen Aufträgen bedacht wurde. Damit steht sie, so Elisabeth May in ihrer Rede, ein wenig in der Tradition von Milly Steeger, deren Werke ebenfalls die Kunst im Hagener Raum prägen.
Arbeit mit Papier
In den letzten Lebensjahren hat Eva Niestrath-Berger, starb 1993 in Hagen, ihr Grab befindet sich auf dem Delsterner Friedhof, sich vor allem mit Papier beschäftigt. Ob Papyrus oder Pergament, handgeschöpftes Papier oder Pappe, sie hat mit dem Material „gesprochen“ und sich wie früher von den anderen Materialien leiten lassen. „Materialdialoge“ ist also durchaus wörtlich zu verstehen. Was nicht bedeutet, dass sie da gesessen und gewartet hätte, dass etwas mit dem Material passiert. Es gibt vermutlich keine Möglichkeit, die sie ausgelassen hat. Besonders witzig fand ich die Exponate, die davon zeugten, dass sie Papier mit der Nähmaschine bestanzt hat. 08.03.2014 / 14.06.2023 Dr. Birgit Ebbert www.vergessene-frauen.de